Die israelische Besatzungspolitik im seit 1967 besetzten Westjordanland verfolgt ein siedlerkoloniales Ziel: die Besiedelung von möglichst viel Land durch israelische Siedler*innen, mit möglichst wenigen Palästinenser*innen auf diesem Land. Da jedoch auch nach 60 Jahren Besatzung mehr als dreimal so viele Palästinenser*innen wie Siedler*innen im Westjordanland und in Ostjerusalem leben, pfercht Israel die einheimische Bevölkerung zunehmend in voneinander abgeschnittene Enklaven, welche in den Osloer Verträgen als «Area A» nominell der damals neu gebildeten palästinensischen Autonomiebehörde (PA) übergeben wurden. Trotz der formellen «Autonomie» der PA dringt die israelische Armee regelmässig in «Area A» ein und kontrolliert die Ein- und Ausgänge der «Bantustans» mittels Checkpoints, Ausgangssperren und der berüchtigten Trennmauer. Derweil sind ländliche palästinensische Dörfer, welche als Teil von «Area C» nach wie vor unter direkter israelischer Kontrolle stehen, akut von Zwangsvertreibung und ethnischer Säuberung bedroht. In ländlichen Gebieten wie etwa Masafer Yatta, dem Jordantal oder Wadi as-Seeq bilden radikale Siedler*innen die gewaltbereite Vorhut, welche mit Unterstützung der israelischen Armee und der Bürokratie der Besatzung versucht, ganze Dörfer zum Wegzug zu zwingen. Seit dem Oktober 2023 wurden 19 palästinensische Dörfer im Westjordanland durch Siedlergewalt vertrieben.
Der Schweizer Konfliktforscher und Rapper Moritz Haegi aka MzumO verbrachte das gesamte Jahr 2024 im besetzten Westjordanland, um im Rahmen seines Doktorats in Nahoststudien über die oben beschriebenen Vorgänge zu forschen. Dabei verbrachte er jeweils mehrere Monate in verschiedenen palästinensischen Gemeinschaften in Area A, B und C: Masafer Yatta in den Hügeln südlich von Hebron, dem Ayda-Flüchtlingslager bei Bethlehem und al-Eizariya (Bethanien), einem östlichen Vorort Jerusalems, von dem es 2002 durch die Trennmauer abgeschnitten wurde. Dabei untersuchte MzumO, inwiefern die israelische Besatzung «siedlerkoloniale» und «klassisch koloniale» Methoden anwendet, um möglichst grosse Flächen des Westjordanlands zu besiedeln.
An der Veranstaltung teilt Moritz seine Analysen und Einschätzungen der Lage, sowie seine Erfahrungen im besetzten Westjordanland.